Feedback – Motivationsfaktor mit Missverständnis-Potential

Im Internet kursiert eine Liste, die sich – nicht nur scherzhaft – mit der Feedback-Kultur der Briten und der Niederländer auseinandersetzt. Wenn also der Brite äußert, dass er über diese oder jene Situation etwas Enttäuschung empfunden hat, meint er in Wirklichkeit, dass er extrem verärgert war. Der Niederländer wird durch die Formulierung kaum beeindruckt sein, sondern vermuten, dass sein Gegenüber dem Thema keine große Bedeutung beimisst.

Die Situation ist exemplarisch für ein Feedback, das seinen Zweck verfehlt, da den Beteiligten die Intention der jeweils anderen Seite überhaupt nicht klar ist. In unserem Beispiel haben beide Glück, wenn sie danach überhaupt noch zu einem produktiven Konsens kommen. Im interkulturellen Kontext ist es naturgemäß besonders wichtig, für Feedback und jede andere Kommunikation den richtigen Ton zu finden. Auch in einem kulturell homogenen Umfeld gilt: Feedback kann ein wirkungsvoller Motivationsfaktor im Business-Alltag sein – wenn es konstruktiv ist, eine klare Botschaft hat und mit Respekt für die jeweils andere Seite vorgetragen wird.

Feedback im interkulturellen Rahmen – direkte oder indirekte Botschaft?

Feedback-Prozesse in einem interkulturellen Rahmen lassen kulturelle Unterschiede oft besonders deutlich werden. Die INSEAD-Professorin Erin Meyer ist Spezialistin für interkulturelles Management, für den Blog des ‚Harvard Business Manager‘ hat sie ihre Erfahrungen mit Feedback zwischen den Vertretern unterschiedlicher Kulturen in einem Artikel komprimiert. Demnach sind Manager in den verschiedenen Teilen der Welt darauf konditioniert, Feedback in ‚drastisch unterschiedlicher‘ Art und Weise zu geben. Ein Chinese wird einen Gesprächspartner oder Kollegen niemals öffentlich kritisieren. Holländer oder auch Deutsche haben gelernt, sich sehr ehrlich – und sehr direkt – zu äußern. Amerikaner übermitteln negative Botschaften gern in einem verbal positiven Kontext und Franzosen sind leidenschaftliche Kritiker, jedoch mit offenem Lob sehr sparsam.

Wie die verschiedenen Kulturen negatives Feedback verpacken, erschließt sich einem aufmerksamen Zuhörer aus der Wortwahl. Eher direkte Kulturen unterstreichen eine negative Botschaft oft durch Zusätze wie ‚absolut‘ oder ‚total‘ („Sie haben sich absolut unprofessionell verhalten!“). Indirektere Kulturen kommunizieren negatives Feedback dagegen durch verbales Understatement – eine Kunst, in der beispielsweise die Briten Meister sind. Kompliziert wird es immer dann, wenn diese beiden Welten in unreflektierter Form zusammentreffen.

Feedback konditioniert und verstärkt Verhalten

Auf vergleichbare Schwierigkeiten treffen wir auch in unserer eigenen Kultur. Viele Menschen äußern Kritik lieber indirekt und ohne allzu klare Worte. Andere kritisieren mit Brachialgewalt und ohne Rücksicht auf ihr Gegenüber. Falls Sie sich zu der einen oder der anderen Gruppe zählen, verschenken Sie die positiven Möglichkeiten, die aus jedem Feedback – ausdrücklich auch aus einer negativen Botschaft – resultieren. Der US-amerikanische Psychologe Burrhus Frederic Skinner formuliert es in seinen Forschungsarbeiten zur instrumentellen und operanten Konditionierung – hier stark vereinfacht wiedergegeben – so, dass das Verhalten eines Menschen durch die Reaktionen darauf entweder verändert oder verstärkt wird. Durch positive Reaktionen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er dasselbe Verhalten auch in Zukunft zeigt. Negatives Feedback zielt naturgemäß immer auf eine angemessene Verhaltensänderung.

Die Fähigkeit, konstruktives Feedback zu geben, ist eine wichtige Führungseigenschaft. Ihre Mitarbeiter erwarten sowohl positives als auch negatives Feedback von Ihnen. Sie geben ihnen damit Orientierung und verstärken Verhalten, das den Zielen Ihres Teams sowie des Unternehmens dient. Ihre Mitarbeiter lernen durch Feedback, was für sie relevant ist. Allerdings muss Ihre Botschaft dafür so konkret und fokussiert wie möglich sein. Ein Beispiel, wie selbst positives Feedback zu eigentlich nicht erwünschten Reaktionen führen kann, haben wir im Einzelhandel ausgemacht: Verkäufer werden durch Belohnungen und Lob oder die Abwesenheit von Kritik auf eine möglichst perfekte Warenpräsentation getrimmt. Ihre verkäuferischen Fähigkeiten und eine proaktive Kundenorientierung werden jedoch nicht gewürdigt und bleiben aus diesem Grund auf lange Sicht nicht selten auf der Strecke.

Auch das Empfangen von Feedback will übrigens gelernt sein. Bleiben Sie souverän und begeben Sie sich nicht in eine defensive Position. Ihre eigene Sichtweise zu einem bestehenden Problem sollten Sie erläutern, ohne in Rechtfertigungen zu verfallen. Produktiv ist, wenn das Feedback-Gespräch in eine Diskussion von alternativen Verhaltensmöglichkeiten mündet.

Praxistipps:

  • Formulieren Sie Ihr Feedback so konkret wie möglich.
  • Überlegen Sie vorab, welche Verhaltensverstärkung oder -Veränderung Sie damit erzielen wollen und kommunizieren Sie dieses Gesprächsziel fokussiert.
  • Thematisieren Sie bei negativem Feedback ausschließlich das bemängelte Verhalten.
  • Persönliche Angriffe und Wertungen haben in einem solchen Gespräch nichts zu suchen.
  • „Ich-Botschaften“ und ein Einstieg mit einem positiven Thema sorgen dafür, dass Ihr Gesprächspartner sich auch Ihren kritischen Punkten gegenüber öffnet.

Quellen:
https://bosch-ag.com/die-anti-mckinsey-wende-unternehmensberatungen-in-der-krise-teil-1//das-problem-von-der-doppelprioriaet-im-stationaeren-handel/
http://www.harvardbusinessmanager.de/blogs/feedback-was-ein-brite-meint-wenn-er-interessante-idee-sagt-a-956264.html
http://de.wikipedia.org/wiki/B._F._Skinner