Kundenorientierung und höhere Margen für Verkäufer

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Warum Hochberatung und Zusatzverkäufe im Handel wichtig sind

Das ProSieben-Wissenschaftsmagazin „Galileo“ beschäftigte sich mal mit „Konsumgiganten“, also großen und international sowie zum Teil global agierenden Handelsunternehmen. Zum Auftakt der Serie hatte sich das „Galileo“-Team den deutschen Media Markt etwas genauer angesehen. Dessen Werbe-Slogan „Das Fest der kleinen Preise“ lässt neben großem Publikumserfolg im damaligen Vorweihnachtsgeschäft auch auf recht eng gefasste Margen schließen. Neben anderem Spannendem und Wissenswertem bot die Sendung gerade in dieser Hinsicht eine Überraschung. Das Media Markt-Produkt mit der höchsten Marge ist der klassische Dreifach-Stecker. Mit Zubehör erwirtschaftet der Konzern einen Großteil seiner Gewinne. Im Verkauf steht dahinter auch ein strategisches Konzept, das auf ausführliche Beratung sowie Zusatzverkäufe setzt.

Verkäufer: Verschenkte Potentiale durch Verzicht auf Value-up

Im Hinblick auf das Value-up, das sich sowohl für das Unternehmen als auch seine Kunden aus einer solchen Strategie ergibt, verschenkt der Einzelhandel große Potentiale. Zwei typische Szenarien:

  • Der Kunde kauft sich einen Drucker, wird durch den Verkäufer jedoch nicht in Bezug auf unverzichtbares Zubehör beraten. Zuhause angekommen, stellt er fest, dass er das Gerät so nicht benutzen kann. Verständlicherweise macht sich hierdurch Ärger breit. Da der Kunde im Fachhandel offensichtlich schlecht beraten wurde, erwirbt er die fehlenden Teile im nächstbesten Discounter zu einem geringeren Preis. Der Verkäufer hat dafür gesorgt, dass seinem Unternehmen Umsätze und zudem die besonders wertvollen Margen für Zubehör verlorengehen.
  • Ein anderer Kunde erwirbt mit Hilfe einer Finanzierung ein teures Smartphone. Durch ein Missgeschick fällt das Gerät zu Boden, das Display ist zerbrochen. Der Mitarbeiter am Service-Desk des Marktes erklärt, dass Ersatz oder Reparatur problemlos möglich wären, falls der Kunde für seine Neuerwerbung eine Zusatzversicherung abgeschlossen hätte. Schade nur, dass der Käufer von dieser Möglichkeit nichts wusste, da der Verkäufer sie ihm nicht angeboten hat. Im Grunde hat der Verkäufer damit eine Entscheidung getroffen, deren Folgen der Kunde allein zu tragen hat: Das defekte Gerät muss er trotzdem weiter abbezahlen.

Verkäufer machen in solchen Situationen einige ebenso typische Fehler. Viele von ihnen befürchten, dass sie von ihren Kunden als verkappte Drücker oder Versicherungsverkäufer wahrgenommen werden, falls sie ihnen neben dem eigentlichen Produkt auch Zubehör oder zusätzliche Dienstleistungen anbieten. Viele Verkäufer legen an ihre Beurteilung der Kundenwünsche auch einen sehr persönlichen Maßstab an: Sie hätten das entsprechende Zubehör bereits zu Hause oder würden von sich aus danach fragen. Die Ausgaben für eine Zusatzgarantie wären ihnen zu hoch oder ein präsentiertes Alternativ-Produkt zu teuer. Viele Verkäufer fürchten deshalb, dass sich ihre Kunden gegen solche Zusatzangebote wehren.

Die Mehrheit Ihrer Kunden ist für Zusatzangebote offen

Mit proaktiver Kundenorientierung oder dem „mündigen Kunden“ hat ein solcher Ansatz allerdings nichts zu tun. Indem der Verkäufer entscheidet, dem Kunden wichtige Informationen über Zubehör sowie weitere Produkte und Dienstleistungen vorzuenthalten, tritt er diesem gegenüber als Entscheidungsträger auf. Die meisten Kunden empfinden es jedoch als Mitdenken, wenn ein Verkäufer ihnen von sich aus solche Angebote macht.

Eine gerade publizierte Studie der Thorsten Bosch AG im stationären Einzelhandel zeigt, dass Kunden eine solche Hilfestellung durch Verkäufer nicht als „Belästigung“ empfinden, sondern im Gegenteil sogar erwarten: Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten stehen über den Primärkauf hinausgehenden Beratungen und Zusatzverkäufen offen bis sehr offen gegenüber.

Versetzen Sie sich als Verkäufer bitte für einen Moment in die Position des Kunden: Beim Metzger oder an der Delikatessen-Theke empfinden wir es oft als äußerst angenehm, wenn uns ein Mitarbeiter auf ein besonders leckeres Produkt verweist oder uns davon sogar probieren lässt. In vielen Fällen bekommen wir durch die freundliche Beratung Lust zum Kaufen. Was im Kleinen gilt, gilt vom Grundsatz her auch für den Verkauf von langlebigen und hochwertigen Handelsgütern.

Lächelnde Apothekerin berät eine Kundin in der Apotheke Robert Kneschke – stock.adobe.com

Positives Image und Margen-Sicherheit durch Zusatzangebote und Beratung

Wichtig ist auch, wie und wann Sie einem Kunden diese Zusatzangebote unterbreiten. Um das Interesse Ihrer Kunden daran zu wecken, müssen Sie in den Köpfen Ihrer Kunden Bilder entstehen lassen: Welchen persönlichen Nutzen hat der Kunde von einem Produkt oder einer Zusatzleistung? Welche Gefahren könnten für den Abschluss einer Zusatzversicherung sprechen? Kann das zusätzliche Produkt dem Kunden nur im Hinblick auf den Primärkauf oder auch in anderen Lebensbereichen helfen? Durch die Beratung muss der Kunde tatsächlich einschätzen können, ob er das Produkt/die Dienstleistung benötigt oder nicht. Die Frage, ob er das Kabel zum Gerät zuhause hat oder mit der Standard-Garantie zufrieden ist reicht dafür nicht aus, zeugt von mangelnder Kreativität oder sogar Desinteresse des Verkäufers – und hat deshalb meist ein rasches Nein zur Folge. Bei einigen Produkten – beispielsweise Fashion-Shopping – macht es Sinn, wenn der Verkäufer einem Kunden schon während der Anprobe passende Zusatzartikel mit in die Kabine gibt. Bei anderen Käufen macht das Angebot von Zubehör oder einer weiteren Service-Leistung erst Sinn, wenn der Kunde seine Entscheidung über den Primärkauf getroffen hat.

Machen Sie sich klar: Eine kompetente, freundliche und hilfreiche Beratung inklusive Value-up signalisiert Ihrem Kunden, dass Sie sich wirklich für ihn und seine Belange interessieren und er für Sie ein Partner und nicht nur eine Umsatzgröße ist. Im schlimmsten Fall akzeptiert er Ihre Angebote nicht – aber Sie haben ihm zuvor die Möglichkeit gegeben, seine Entscheidung selbst zu treffen.

Last but not least: Das Risiko, einen Kunden und damit Umsatz und Margen zu verlieren ist im Zeitalter der Wettbewerber aus dem Internet und durch eine Vielzahl von Convenience-Stores so groß wie nie zuvor. Durch Kundenorientierung und gekonntes Value-up halten Sie mit einem positiven Unternehmens-Image sowie Margen-Sicherheit dagegen.

Verkaufstipps:

  • Denken Sie nicht in Produkten oder Umsatzzahlen, sondern bieten Sie Ihren Kunden Gesamtlösungen an, die für sein Problem/seinen Bedarf einen echten Mehrwert bieten.
  • Denken Sie im Sinne Ihrer Kunden mit. Agieren Sie für diese als Experte und Beratungspartner.
  • Erkennen und nutzen Sie die Kaufmotive Ihrer Kunden für gezielte Angebote und Beratungsleistungen.
  • Behalten Sie dabei die emotionale Seite der Kundenbeziehung im Blick – Ihre Kunden wollen sich auch – oder sogar vor allem – ernst genommen fühlen.
  • Emotion geht vor Ratio – und ein Nein ist nicht in jedem Fall ein Nein.

Mit guten Argumenten und einem Kommunikationskonzept, bei dem der Kunde sowie sein „Problem“ im Fokus stehen, schaffen Sie oft trotzdem noch die Basis für eine positive Lösung – für Ihren Kunden ebenso wie für Ihr Unternehmen.

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