Was Cost Cutting mit MbO zu tun hat

Wenn Sie Google mit dem Suchwort „Entlassungen“ füttern, zeigt – neben vielen anderen Quellen – eine Übersicht auf „heise.de“ eine düstere Bilanz. Stellenabbau steht offensichtlich auf der Agenda vieler Unternehmen, hierzulande ebenso wie im globalen Maßstab. Hewlett-Packard will weltweit rund 34.000 Stellen streichen. Dass IT-Pechvogel Blackberry sich von etwa 40 Prozent seiner Mitarbeiter trennen will, ist seit längerem auch der Öffentlichkeit bekannt. Siemens plant den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen, 5.000 davon an den Siemens-Standorten in Deutschland. Auch um T-Systems – die Großkundensparte der Deutschen Telekom – gab es kurz vor dem Jahresende einige Gerüchte, die Gewerkschaften befürchten den Wegfall von bis zu 8.000 Arbeitsplätzen, zur Disposition stehen daneben offenbar auch einige Auslands-Töchter. Besonders öffentlichkeitswirksam war die Debatte um den EADS-Stellenabbau. Bis 2017 geht es dabei um insgesamt 5.800 Stellen, eine Aufstockung nach oben ist nicht ausgeschlossen.

Speziell bei EADS – seit dem 1. Januar 2014 die „Airbus Group“ – handelt es sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht keineswegs um ein Sorgenkind. Der Konzern kämpft mit zwei gegenläufigen Trends: Während die Auftragsbücher für das florierende Airbusgeschäft voll sind, leidet die Rüstungssparte Cassidian unter den schrumpfenden Rüstungsetats vor allem vieler europäischer Länder. Konzernchef Enders will aus diesem Grund Cassidian mit der EADS-Raumfahrtsparte Astrium zusammenlegen – unter anderem auf Kosten der Belegschaft. Kritikern hält er entgegen, dass das gesamte Unternehmen, das durch den Airbus im Übrigen glänzend dasteht, effizienter werden muss. Grundlage für den Airbus-Erfolg sei allerdings ebenfalls ein hartes Sparprogramm gewesen. Daran, dass die EADS-Umstrukturierungen mit den Einschnitten bei Cassidian nicht zu Ende sind, lässt Enders bereits jetzt keinerlei Zweifel offen.

MbO – formales System, abstrakte Ziele?

Mit Mitarbeiterführung hat das Entlassungs-Thema auf den ersten Blick so gut wie nichts zu tun. Aus landläufiger Sicht folgen Umstrukturierungen und Personalabbau einem rein betriebswirtschaftlichen Kalkül – was oder wer sich für ein Unternehmen nicht rentiert, muss gehen. Der Zusammenhang mit dem sogenannten Management by Objectives (MbO) erschließt sich dagegen erst auf den zweiten Blick. Das Konzept dafür wurde 1954 durch den US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Peter Drucker formuliert. Dabei ging es zunächst um das Aufbrechen tradierter autokratischer Strukturen. MbO zielt demgegenüber darauf ab, Teams und individuellen Arbeitnehmern größere Freiräume zu gewähren. Die Grundlage dafür bilden Zielvereinbarungen und deren unmittelbare Verknüpfung mit Bonuszahlungen für die Zielerreichung.

Das Problem dabei: MbO wurde in den folgenden Jahrzehnten durch die Unternehmen zu einem komplexen und oft lediglich formalen System entwickelt, in dem die Unternehmensleitung die Ziele vorgibt und vor allem das Controlling die Leistungsmessung übernimmt. In der Praxis führt MbO vor diesem Hintergrund nicht zu höherer Motivation oder größerer Autonomie der Mitarbeiter, sondern vor allem zu einem sich stetig verschärfenden Leistungsdruck. Nicht quantifizierbare Leistungen lassen sich im Rahmen gängiger MbO-Systeme oft überhaupt nicht messen oder werten. Der Wirtschaftsjournalist Christian Stein merkt in einem Artikel für das „manager magazin“ an, dass MbO sogar das gesamte Betriebsergebnis mindern könne, wenn den formulierten Zielen eine verfehlte Strategie zugrunde liegt und Korrekturen nicht rechtzeitig erfolgen.

Der Mitarbeiter als Kennzahl und Verschiebemasse?

Wir dürfen annehmen, dass auch EADS, wie die weitaus meisten Unternehmen, seine Arbeitnehmer mittels MbO führt und diese – inklusive derjenigen Mitarbeiter, die sich wohl demnächst auf der Entlassungsliste wiederfinden werden – ihr Bestes geben, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Fakt ist ebenso: Das „Beste“ war in diesem wie in vielen anderen Fällen nicht genug. Der Wechsel der Unternehmensstrategie macht die individuelle Leistung (und Leistungsbereitschaft) ebenso wie die vorgegebenen Ziele obsolet. Im Fall von EADS kann sich das Management vermutlich nicht einmal darauf berufen, dass die Mitarbeiter einfach nicht bereit sind, den berühmten „Schlag mehr“ zu machen, zu wenig „hungrig“ sind oder sich in nicht ausreichendem Maße auf die Unternehmensziele fokussieren – Cassidian leidet nicht unter „Minderleistern“, sondern ist mit einem Wettbewerbsumfeld konfrontiert, das sich verändert. Sicher ist, dass die verbleibenden Mitarbeiter das Unternehmen und die kommunizierten Ziele künftig skeptischer und weniger motiviert betrachten werden als bisher.

Das EADS-Beispiel macht in einem weiteren Sinne klar, dass in den gängigen MbO-Modellen der Mitarbeiter lediglich die Rolle einer Kennzahl und bei Bedarf auch die Rolle einer „Verschiebemasse“ spielt. Komplementär dazu verlieren selbst erfolgreiche Unternehmen bei der Formulierung ihrer Ziele oft das „große Ganze“ aus dem Blick und erzeugen interne Konkurrenz – zwischen Unternehmensbereichen, Teams und Mitarbeitern. Echte – individuelle – Motivation und Leistungsbereitschaft können aus einem solchen Umfeld nicht erwachsen. Im „Kampf um die Talente“ werden solche „weichen“ Faktoren sowie die optimalen Bedingungen dafür allerdings über die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen mitentscheiden.

Praxistipps:

  • Verständigen Sie sich in Ihrem Unternehmen/Ihrem Team auf eine neue Form von MbO: Mit jedem Mitarbeiter persönlich vereinbarte und realistische Ziele, die mit den Unternehmenszielen abgestimmt sind, jedoch auch die individuellen respektive teamgebundenen Ressourcen reflektieren.
  • Räumen Sie Ihren Mitarbeitern bei Zielvereinbarungen aktive Mitspracherechte ein.
  • Fokussieren Sie sich als Führungskraft tatsächlich auf Ihre Führungsrolle – und weniger auf Management-Aufgaben.
  • Agieren Sie aktiv als „Anwalt“ und Coach für Ihre Mitarbeiter.

Quellen:
https://bosch-ag.com/management-by-objectives-mbo-grosse-fuehrung-luege/#more-151
http://www.manager-magazin.de/harvard/a-615605.html
http://www.heise.de/thema/Entlassungen
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/eurofighter-auftraege-noch-mehr-jobs-wackeln-bei-ruestungskonzern-eads/9195596.html