Der geladene Kunde – die richtige Position im verbalen Schusswechsel

Das 'Duell' zwischen Kunde und Verkäufer endet so häufig so enttäuschend, weil sie sich aus unterschiedlichen Positionen heraus unter Feuer nehmen.

Im Beschwerdemanagement ist der geladene Kunde die Projektionsfläche jedweden Kommunikationstrainings. Er dient als Prototyp, an dem Deeskalation, Abschwächung der emotionalen Argumentation und Neuaufbau der Beziehung geübt werden. Diese Schritte erlernen mittlerweile immer mehr Verkäufer und Mitarbeiter im Reklamationswesen, um in kritischen Situationen die richtige Position einzunehmen. Denn dass der reklamierende Kunde eine Chance für das Unternehmen ist, setzt sich als Erkenntnis langsam, aber sicher durch. Eine klug gemanagte Reklamation kann aus einem verärgerten Käufer einen echten Stammkunden machen. Dies bedeutet, Verständnis für seine Position zu entwickeln.

Nicht auf ein Duell ankommen lassen

Das Mindeste, was ein Unternehmen im Beschwerdemanagement erreichen muss, ist die Neutralisierung einer negativen Position. Selbst wenn es nicht gelingt, die Präferenz des Kunden zu erreichen, kann doch ein Image-Schaden vermieden werden. Dies ist durchaus nicht nur auf die einzelne Person begrenzt. Es muss davon ausgegangen werden, dass eine individuell so bewertete schlechte Erfahrung mindestens zehn weiteren Personen aus dem Umfeld des Reklamierenden mitgeteilt wird – von den virtuellen Verbreitungsmechanismen a la Facebook und Twitter ganz zu schweigen.

Der Vorteil der Situation mit dem Kunden ist: er spricht mit dem Unternehmen. Das ist eine ganz andere Position, als sie die übergroße Mehrheit aller Kunden einnimmt. Diese wertet negativ, ohne den Dissens auszutragen. Der geladene Kunde ist kein Extremfall, sondern eine in jedem Verkaufsgespräch zu kalkulierende Position. Darauf aber sind die wenigsten Verkäufer eingestellt.

Die Hand am Colt bringt nichts

Zugegeben – auch die Kunden, die mit wilder Entschlossenheit einen Vorteil um jeden Preis erzielen wollen, stellen eine Minderheit dar. Aber auch der sanftmütigste Kaufinteressent hat schon schlechte Erfahrungen gemacht, negative Erlebnisse gesammelt und Vorurteile aufgebaut. Die Folgen sind in jedem Verkaufsgespräch zu spüren: Vorbehalte, Zweifel, Unentschlossenheit – all das muss ein Verkäufer erst einmal aus dem Weg räumen. Dies ist tägliche Praxis, aber in der Kommunikation wird kein Gedanke daran verschwendet, worin die Position des Kunden begründet ist. Wenn es zum Abschluss kommt, hat der Verkäufer, meist ohne es zu wissen, mit seinem Verhalten fremden Schaden gut gemacht. Kommt es – erheblich öfter – aber nicht zum Kauf, haben sich beide Akteure nur gegenseitig ihre Vorurteile bestätigt. Der Schusswechsel hat wieder einmal nur unterschwellig ohne rauchende Colts stattgefunden, aber die jeweilige Position hat sich verhärtet. Der Kunde geht, wie er gekommen ist, um eine negative Erfahrung reicher. Das Unternehmen hat nicht nur nichts gewonnen, sondern einen Verlust auf mehreren Ebenen erlitten.

Statt in Position lieber auf den Kunden zugehen

Dabei ist das Verständnis der Kundenmotivation kein Buch mit sieben Siegeln. Wenn der Verkäufer die abwehrende Position eines Kunden bemerkt, versucht er in der Regel die Seite des Produkts schönzureden, von der er meint, dass sie der neuralgische Punkt im Gespräch ist. Auf diese Weise landet er meist da, wo er gar nicht hin will: bei der Preisdiskussion. Der Denkfehler besteht – wie bei schlecht gemanagten Reklamationen – in der Orientierung auf den Umsatz. Gefragt aber ist Kundenorientierung! Setzt das Verkaufsgespräch bei den Wünschen und Vorstellungen eines Interessenten an, lassen sich auch Produkteigenschaften, Serviceleistungen oder Zahlungsbedingungen an die Position des Kunden andocken – sie werden Teil seiner eigenen Überlegungen.

Gelingt es dem Verkäufer sogar, Gründe für Vorbehalte herauszufinden, kann er diese anhand seines eigenen Angebots entschärfen. Er nimmt sozusagen Patrone für Patrone aus der Revolvertrommel seines Gegenübers, so dass sich der Einsatz bzw. die Drohung damit einfach erübrigt. Nicht umsonst gibt es die Umschreibung, wenn man jemanden als ‚entwaffnend‘ bezeichnet. Dieses Verhalten nutzt die generelle psychologische Position, wonach Menschen mehr Gutes erwarten als es realer Weise möglich ist. Es braucht also nur jemanden, der diese Hoffnung nährt – dies ist der Verkäufer. Für den Silberstreif am Horizont gibt fast jeder eine unhaltbare Position auf.

Fazit:

  • Das Herausarbeiten von Übereinstimmungen ist die Erfolgsspur im Verkaufsgespräch – denn Menschen haben von Natur aus einen viel stärkeren Hang zur Harmonie als zur Konfrontation.
  • Erkennt der geladene Kunde die freundliche Absicht des Verkäufers, verzichtet er zunehmend auf Drohgebärden. Das ‚Ladepotenzial‘ ist im Verkaufsgespräch weitaus niedriger als bei einer Reklamation. Es lässt sich in wenigen Minuten beseitigen.
  • Das Entgegenkommen muss als emotionale Zuwendung erkennbar sein, sich also übereinstimmend im verbalen und nonverbalen Verhalten ausdrücken.

Quellen:
https://bosch-ag.com/reklamation-als-chance
http://www.wiwo.de/erfolg/management/beschwerdemanagement-meckernde-kunden-sind-eine-schatztruhe-fuer-unternehmen/10149622.html
http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article127378546/Warum-fast-jeder-ein-hoffnungsloser-Optimist-ist.html
http://www.wiwo.de/erfolg/trends/beschwerden-beim-fliegen-warum-wir-im-flieger-zum-miesepeter-mutieren/10278394.html

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