Personalentwicklung in der Krise

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Die fünf Kardinalfehler, die zu unwirksamer Personalentwicklung führen und wie Sie sie vermeiden können.

Die Personalentwicklung steckt in der Krise. Zumindest wird sie in einigen Branchen immer kritischer gesehen oder lediglich als Marketinginstrument missbraucht. So betitelt die Welt einen Artikel vom 26.05.2014:
„Personalentwicklung oft nur ein ‚Lippenbekenntnis‘“. Der Glaube an die Wirksamkeit von Personalentwicklung ist längst abgeblättert. Spätestens, wenn die ersten Umsatzrückgänge in Unternehmen zu verzeichnen sind, werden glühende Anhänger von Mitarbeiter-Entwicklung über Nacht zu ‚Agnostikern‘. Unternehmen glauben an die Personalentwicklung häufig nur, wenn gerade auch das Budget dafür vorhanden ist.

So schreibt die Welt in ihrem Artikel, dass zwar viele Firmen Personalentwicklung als strategisch wichtig erachten, aber nur eine Minderheit wirklich Entwicklungsprojekte umsetzten. 22 Prozent der befragten Unternehmen betrieben sogar überhaupt keine Personalentwicklung. Dieses Verhalten ist nur zu verständlich, wenn man die Wirksamkeit vieler Entwicklungsmaßnahmen betrachtet. Wer möchte schon für eine ‚Therapie‘ bezahlen, die keine Besserung bringt? Selbst Personalentwickler klagen insgeheim über die mangelnde, nachhaltige Wirksamkeit vieler Maßnahmen. Und dabei ist dieser Mangel in der Regel hausgemacht. Es gibt zahlreiche Kardinalfehler, die in vielen Unternehmen unbewusst begangen werden. Sie kommen einer systematischen Geldvernichtung unter dem Label ‚Personalentwicklung‘ gleich, weil sie den Wirkungsgrad von Entwicklungsmaßnahmen negativ beeinflussen.

Wirkungshemmer Nr. 1 :
Gießkannen- statt Sog-Prinzip

Es wird bei Entwicklungsmaßnahmen keine Unterscheidung getroffen bezüglich des Potenzials und der Einstellung der teilnehmenden Mitarbeiter. So werden meist alle Mitarbeiter einer Hierarchiestufe zu einer Maßnahme ‚geschickt‘, egal wie weit sie in ihrer Entwicklung bereits vorangekommen sind und egal, ob sie einer Entwicklungsmaßnahme überhaupt positiv gegenüberstehen. Das ‚Medikament‘ wird großflächig mit der Gießkanne verteilt.
Sie werden jetzt vielleicht sagen: „Das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert und Entwicklungsmaßnahmen sind doch für jeden sinnvoll – irgendwas nimmt man ja immer mit.“ Genau das hören wir ständig. Doch die Wirksamkeit der gesamten Maßnahme ist dadurch oft zum Scheitern verurteilt. Denn was passiert? Die negativ Eingestellten und diejenigen mit wenig Potenzial bestimmen den Lernerfolg der gesamten Gruppe – schließlich ist eine Gruppe nur so gut, wie ihr schwächstes Glied. Das Risiko negativer Gruppendynamik ist groß und so kann es dazu kommen, dass die Maßnahme schon ihre Wirkung verliert, bevor sie überhaupt richtig begann.

Unser wirkt.-Tipp:
Starten Sie Entwicklungsmaßnahmen mit den Mitarbeitern, die hohes Potenzial aufweisen und motiviert sind, sich selbst weiterzuentwickeln. Wenn diese in der Praxis dann ihre neuen Werkzeuge erfolgreich einsetzen, entsteht automatisch ein Sog auf weitere Mitarbeiter, die vorher vielleicht noch gezweifelt haben.

Wirkungshemmer Nr. 2:
Es wird keine Erwartung geäußert, außer an den Trainer

Wir erleben oft, dass im Vorfeld keine Erwartungen an Mitarbeiter, die an Entwicklungsmaßnahmen teilnehmen sollen, oder an deren Führungskräfte kommuniziert werden. Die Mitarbeiter und genauso deren Führungskräfte werden im Unklaren darüber gelassen, was sich der Auftraggeber (also in der Regel der Unternehmer oder die Geschäftsleitung) konkret von der Maßnahme und allen Beteiligten erwartet. Es wird also auch nicht darauf hingewiesen, dass die Umsetzung dessen, was der Teilnehmer lernt, explizit erwünscht bzw. erwartet wird.
„Ist doch selbstverständlich“, denken jetzt vielleicht einige von Ihnen. Die Erfahrung lehrt uns aber, dass dem nicht so ist. Und so sitzen Mitarbeiter oft mit der Haltung im Training: „Ich lasse mich mal überraschen. Wenn etwas dabei ist, das mir gefällt, setze ich es vielleicht um.“ So werden externe Entwicklungsmaßnahmen nicht selten als bezahlte ‚Auszeit‘ im Hotel wahrgenommen, während die betroffenen Führungskräfte sich darüber ärgern, dass sie zwei Tage ohne ihren Mitarbeiter auskommen müssen.

Unser wirkt.-Tipp:
Sprechen Sie vor Beginn einer Entwicklungsmaßnahme allen Beteiligten gegenüber offen Ihre Erwartungen aus. Starten Sie eine Maßnahme am besten mit einer sogenannten Kick-Off-Veranstaltung, bei der zwischen allen Beteiligten geklärt wird, welche Erwartungen vorhanden sind und welche Hindernisse der Erfüllung der Erwartungen im Weg stehen könnten.

Wirkungshemmer Nr. 3:
Keine Vor- und Nachbereitung von Maßnahmen durch die Führungskraft

Nach der Entscheidung für eine Entwicklungsmaßnahme, geht oftmals alles seinen Gang, ohne dass der Auftraggeber oder die direkte Führungskraft nochmal irgendetwas mit der Maßnahme zu tun bekommen. Meist läuft der Prozess komplett über die Personalentwicklungsabteilung, die vor der Maßnahme die Einladung an den Mitarbeiter verschickt und nach der Maßnahme noch ein Feedback einholt. Das heißt, die Verantwortung für die Entwicklung des Mitarbeiters wird größtenteils delegiert auf ‚fremde Dritte‘, nämlich die Personalentwicklung oder das externe Trainingsinstitut. Ein Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter vor und nach der Maßnahme findet in der Regel nicht statt. Oftmals weiß der Mitarbeiter überhaupt nicht, wie seine Führungskraft seine Performance einschätzt und kommt mit einer realitätsfernen Selbsteinschätzung ins Training. Statt dem Mitarbeiter ein offenes Feedback über seine Leistung zu geben, hofft die Führungskraft oder die Geschäftsleitung, dass der Trainer den Mitarbeiter schon ‚ausrichten‘ werde.
Sollte es nach der Maßnahme eher zufällig zu einem Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter kommen, geben sich Führungskräfte oft mit pauschalen Feedbacks ihrer Mitarbeiter wie „Ja, war ganz hilfreich“ zufrieden, anstatt nachzufragen, was genau der Mitarbeiter gelernt hat und wie er nun gedenkt, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Stattdessen: Schweigen im Walde und zurück zum Tagesgeschäft.

Unser wirkt.-Tipp:
Sorgen Sie dafür, dass der Mitarbeiter durch seine direkte Führungskraft auf die Maßnahme vorbereitet wird. Die direkte Führungskraft sollte mit dem Mitarbeiter ganz konkret darüber sprechen, welche Ziele dieser in Bezug auf das Training hat und woran er persönlich arbeiten möchte. Die Führungskraft sollte dem Mitarbeiter auch Hinweise geben, worauf dieser aus ihrer Sicht achten sollte. Nach dem Training sollte die direkte Führungskraft aktiv beim Mitarbeiter nachfragen, was dieser konkret gelernt hat, wo er noch Schwächen bei sich sieht und welche Umsetzungsziele er sich vorgenommen hat. Sorgen Sie auch dafür, dass die direkte Führungskraft, ihren Mitarbeiter bei der Umsetzung dieser Entwicklungsziele in der Praxis durch Coaching unterstützt und die Erreichung der Ziele nachhält.

Wirkungshemmer Nr. 4:
Integration in den Arbeitsalltag – Fehlanzeige

Wenn im Training alles gut lief, kommen die Mitarbeiter oft hoch motiviert an ihren Arbeitsplatz zurück und versuchen, die neu erlernten Verhaltensweisen in ihrem Arbeitsalltag anzuwenden. Was folgt, ist oftmals ein ‚Realitäts-Schock‘. Was im geschützten Raum einer Trainingsgruppe unter Anleitung des Trainers noch gut funktioniert hat, geht vielleicht schon beim ersten Kunden gehörig in die Hose. Verständlich, dass die Rate derer, die daraufhin schnell die Flinte ins Korn werfen, ziemlich hoch ist. So weicht die erste Euphorie entmutigender Ernüchterung und mangels Anwendung entschwindet das gerade neu erworbene Wissen zurück ins Unbewusste.
Lernen funktioniert allerdings entlang eines Prozesses, der Übung mit einschließt. Das ist wie beim Jonglieren lernen – natürlich werden zunächst die Bälle immer wieder auf den Boden fallen. Nur stetige Übung führt dazu, dass wir die Bälle nachhaltig in der Luft halten können. Doch wenn der Mitarbeiter selbst nicht über genügend Eigenmotivation verfügt, um die Disziplin für das Üben aufzubringen, wessen Aufgabe ist es dann, den Mitarbeiter zum Weitermachen zu ermutigen? Der Trainer kann diese Aufgabe nur bedingt übernehmen, z.B. im Rahmen eines ‚Trainings on the Job‘. Doch echte Nachhaltigkeit wird nur dann eintreten, wenn die direkte Führungskraft den Job des Trainers im Alltag übernimmt.

Unser wirkt.-Tipp:
Bieten Sie den Mitarbeitern als festen Bestandteil von Entwicklungsmaßnahmen Unterstützung bei der Integration des Gelernten in die Praxis an. Hierzu eignet sich ein Training on the Job durch den externen Trainer sowie die kontinuierliche Begleitung und Unterstützung durch die direkte Führungskraft. Machen Sie deutlich, dass Fehler und Misserfolge im Lernprozess normal sind und nicht bedeuten, dass das Gelernte nicht funktioniert.

Wirkungshemmer Nr. 5:
Sparen am falschen Platz

Wenn endlich die schwere Entscheidung getroffen wurde, eine Personalentwicklungsmaßnahme durchzuführen, wird häufig am falschen Platz gespart. Isolierte Einzelmaßnahmen sind hier der Klassiker. Mitarbeiter erhalten einen einzelnen Workshop ohne ihn in irgendwelche begleitenden Maßnahmen  einzubetten – in der Hoffnung, dass sie in ein paar Stunden Training ihre Performance spürbar steigern. Zudem wird versucht die Trainingszeit immer mehr zu verkürzen. Anfragen wie „Können wir das nicht auch an einem Tag hinkriegen?“ sind mittlerweile an der Tagesordnung. Um die Pro-Kopf-Kosten zu verringern, wird auch über die Gruppengröße diskutiert, ohne Rücksicht auf die dadurch natürlich sinkende Übungszeit pro Person und die damit verringerte Wirksamkeit insgesamt.

Unser wirkt.-Tipp:
Wenn Sie die Entscheidung für eine Personalentwicklungs-Maßnahme treffen, dann sollten Sie auch auf einen möglichst hohen Wirkungsgrad bedacht sein. Nur dann erhalten Sie auch einen nützlichen ‚return on investment‘. Eine günstige Maßnahme, die keine Wirkung zeigt, kommt Sie in der Regel teurer, als eine Maßnahme, bei der das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, nämlich der Preis im Verhältnis zur Wirksamkeit.
Langfristig führt falsches Sparen auch zur Frustration aller Beteiligten und den Verlust ihres Vertrauens in die Personalentwicklung. Bevor Sie eine Alibi-Maßnahme in Auftrag geben, sollten Sie lieber ganz darauf verzichten. Die Opportunitätskosten des Verzichts sind wahrscheinlich geringer als die einer Alibi-Maßnahme.

Quellen: