Change-Management
oder: Veränderung macht keinen Spaß
Das deutsche E-Commerce befindet sich im Aufwind. Aus Sicht des Bundesverbandes Onlinehandel sind innerhalb der Europäischen Union die Zuwachsraten für das digitale Shopping nur in Großbritannien höher. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 33 Milliarden Euro im E-Commerce umgesetzt – gegenüber 2011 ist dies ein Wachstumsschub von 15 Prozent. Der IFH Branchenreport prognostiziert weiteres Wachstum und bescheinigt den sogenannten „Pure Playern“, also Unternehmen, die sich mit ihren Angeboten ausschließlich auf E-Commerce fokussieren, den nachhaltigsten Erfolg. Laut einer aktuellen Studie des Branchenverbandes Bitkom kaufen über 90 Prozent der Internet-Nutzer dort auch ein. 40 Prozent von ihnen shoppen mehr als zehn Mal jährlich online. Den kommerziellen Boom des Internets treiben alle sozialen Schichten und alle Altersgruppen. Nur acht Prozent der Befragten gaben an, bisher nicht von der Möglichkeit des Online-Kaufs Gebrauch gemacht zu haben. Ihren Verzicht darauf begründen sie überwiegend damit, dass sie sich vor dem Kauf eine reale Produkterfahrung wünschen.
Starke Konkurrenten aus dem Internet
Im Zuge dieses Trends hat sich nicht nur die Handelsstruktur, sondern auch das Konsumverhalten stark verändert. Für den stationären Handel ergeben sich daraus Anforderungen von verschiedenen Seiten. Kaum ein größeres Handelsunternehmen kommt heute noch ohne eigene E-Commerce-Plattform aus. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, den USP des stationären Handels neu zu definieren. In diesem Change-Prozess stoßen viele Unternehmen – und nicht zuletzt der einzelne Mitarbeiter – irgendwann an ihre Grenzen. Verkäufer im Geschäft erleben immer wieder, dass sie die Kunden mit den Internet-Preisen ihrer Waren konfrontieren. In der strategischen Planung erscheint mehr als eine Bedarfsanalyse oder Umsatzprognose angesichts der Online-Konkurrenz als obsolet.
Betriebswirtschaftlicher Druck und Frustrationen
Führungskräfte sind vor diesem Hintergrund oft nicht nur mit betriebswirtschaftlichem Druck, sondern auch mit unzufriedenen Mitarbeitern konfrontiert. Frustrierte Kunden führen irgendwann auch zu Unzufriedenheit und Demotivation im Team, langfristig steigt möglicherweise auch die Mitarbeiterfluktuation im Unternehmen. Viele Chefs nehmen den Anpassungsdruck zwar wahr, definieren ihn jedoch ausschließlich anhand von wirtschaftlichen Daten. Die handelnden Personen – Mitarbeiter im Verkauf ebenso wie die potentiellen Kunden – geraten dabei nicht oder kaum ins Blickfeld. Als Fazit folgt oft ein Euphemismus: Veränderungen ohne Schmerzen gibt es nicht.
Das Problem: Die Richtung der Veränderung ist bei einem solchen Ansatz allerdings noch längst nicht klar. Auch statische Change-Modelle, die auf einer rein rational definierten Ursache-Wirkungskette basieren, schaffen im Unternehmen keine neue – positive und produktive – Identität. Die Optimierung von Produkt-Portfolios, Kalkulationen und Prozessen ist nur eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass im Verkaufsakt sowohl Verkäufer als auch Kunden als Menschen agieren und reagieren.
Change-Management durch gruppendynamische Dramaturgie
Ein wirkungsvolles Change-Management beruht auf dem Prinzip, dass Emotionen grundsätzlich vor rationalen Aspekten stehen. Gute Führungskräfte überzeugen ihre Mitarbeiter mit einem solchen Ausgangspunkt: Sie holen ihre Teams bei ihren Emotionen ab, lassen sie dadurch von Beteiligten zu individuell Betroffenen werden und sorgen dafür, dass das Vertrauen in die Firma und die eigenen Leistungspotentiale nicht verloren geht. Für Veränderungsproesse entwickeln sie Strategien, in denen eine jeweils spezifische Dramaturgie zum Tragen kommt und auch fundiertes gruppendynamisches Wissen einfließt.
Wichtig ist, dass Change-Prozesse sich immer in Top-Down-Richtung entwickeln und die Firmenleitung in jeder Phase aktiv und auch persönlich involviert ist. Sie als Führungskraft kennen die Motivationen Ihrer Mitarbeiter und antizipieren deren Reaktionen in den verschiedenen Phasen der Veränderung und innerhalb der Struktur der jeweiligen Gruppe. Als optimales Resultat schmieden Sie so eine „Koalition der Progressiven“ über alle Ebenen der internen Hierarchie, die motiviert und in der Lage ist, Change-Prozesse aktiv zu initiieren.
Führungstipps:
- Schaffen der internen Voraussetzungen für Change auch im Hinblick auf ihre emotionalen Komponenten.
- Definition der Rolle der Führungskräfte sowie Ihrer individuellen Rolle in Veränderungsprozessen.
- Einziehen von Steuerungskreisen inklusive der Geschäftsleitung in jeder Phase der Veränderung.
- Top-Down-Kommunikation: Firmenleitung sowie alle Führungskräfte müssen die jeweils untere Ebene überzeugen – und nicht überreden.
- Der Change muss in die Gesamtorganisation hineingetragen werden und darf nicht nur einer Projektgruppe oder Externen übertragen werden (Das Schaffen von „Sündenböcken“ verhindert nachhaltigen Change!)
Quellen:
http://www.bvoh.de/
http://www.techdivision.com/blog/trends-im-e-commerce-2013-fakten-zahlen-entwicklungen/
http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_E-Commerce_Studienbericht.pdf