Loyalität lohnt sich doch – wenn sie echt und nicht nur formal ist

Loyalität geht übrigens über Leistungserwartungen weit hinaus. Sie basiert auf innerer Verbundenheit, gemeinsamen Werten sowie moralischen Maximen und berührt im Business-Kontext damit direkt die Kultur eines Unternehmens. Dabei wird sie durchaus auch von emotionalen Komponenten getragen – Verbundenheit definiert sich niemals ausschließlich rational, sondern benötigt auch starke emotionale Komponenten. Schauen wir uns an, wie Loyalität in der Praxis oft gehandhabt wird und wie die Glaubwürdigkeit von wirtschaftlichen Institutionen unter ihrem Mangel leidet.

Die niederländischen Banker und ihr Treueeid

Das Image der Banken hat in der Finanzkrise zweifellos gelitten, das Vertrauen ihrer Kunden stellt sich – wenn überhaupt – nur äußerst langsam wieder her. Die niederländische Bankenaufsicht hat sich deshalb jetzt zu einem radikalen Schritt entschieden. Seit dem Jahreswechsel müssen die Aufsichtsräte der Geldhäuser vor ihrem Amtsantritt eine Eidesformel sprechen und – so wahr ihnen Gott helfe oder mit einer nichtreligiösen Formen unterlegt – schwören, dass sie alles ihnen mögliche tun werden, um das Vertrauen in die Branche wiederherzustellen. Ab dem zweiten Halbjahr 2014 sollen dann alle 90.000 Bankangestellten in den Niederlanden auf diesen Eid verpflichtet werden.

Die Loyalität der niederländischen Banker wird damit zwar zur Angelegenheit des Staates, die Öffentlichkeit dürfte jedoch trotzdem wissen, was sich hinter dieser Formalie noch verbirgt. So hat der Finanzvorstand der niederländischen Rabobank, Bert Brugink, zusammen mit der Verwaltungsratschefin seines Instituts den Eid bereits Ende 2013 abgelegt – fatal ist allerdings, dass die Rabobank zuvor wegen ihrer Verwicklung in einen weltweiten Zins-Skandal eine Strafe von 774 Millionen Euro zahlen musste. Mit Loyalität oder Vertrauensbildung passt dieser Fakt in den Augen der Verbraucher vermutlich nur sehr bedingt zusammen.

Loyalität zu Unternehmen – Trend zu überzeugten Freiberuflern

Ohne exzellente Führungskräfte kommt kein Unternehmen aus. Im Kampf um die Talente sind die Firmen jedoch neben dem allgemeinen – und sich weiter verschärfenden – Mangel an Fach- und Führungskräften jedoch auch noch mit weiteren Problemen konfrontiert. Immer mehr Hochqualifizierte entscheiden sich für eine freiberufliche Existenz – nicht aus der Not heraus, sondern weil die Unabhängigkeit im eigenen Geschäft ihren Arbeits- und Lebensvorstellungen perfekt entspricht. Das Münchner Personalportal Gulp vermittelt freiberufliche IT-Experten und Ingenieure an Konzerne, sein Auftragsvolumen belief sich im vergangenen Jahr auf 186 Millionen Euro. Geschäftsführer Michael Moser weiß, dass sich 90 Prozent seiner Klienten aus Überzeugung für ihre Selbstständigkeit entschieden haben. Die Tendenz zur Selbstständigkeit ist sehr wahrscheinlich steigend – und die Unternehmen tun durch ihre Personal- und Führungsstrategien recht viel dafür, dass sie für die fähigsten Bewerber nicht besonders attraktiv sind.

Zu den Negativ-Kriterien gehören die grassierende Präsenzkultur, geringe Entscheidungsspielräume für das mittlere Management und starre Hierarchien – sowie gebrochene Versprechen. Auf den Honeymoon der Bewerbungsphase folgt oft das unsanfte Erwachen am neuen Arbeitsplatz. Die neuen Freiberufler werden durch den Wunsch nach Selbstverwirklichung, Flexibilität und Abwechslung getrieben, der Erfolg gibt ihnen in vielen Fällen Recht. Hinzu kommt, dass sich Loyalität zur Firma auch für Angestellte nicht mehr lohnt. Das Karrierenetzwerk e-Fellows hat in einer Umfrage ermittelt, dass seine Mitglieder bei einem mindestens zweimaligen Arbeitgeberwechsel ihre Gehälter pro Jahr im Schnitt um 15 Prozent steigern konnten. Loyale Arbeitnehmer erzielten in ihrem Unternehmen dagegen nur einen Gehaltszuwachs von knapp elf Prozent. Die Kehrseite der Medaille ist, dass auch die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern immer weniger Sicherheiten bieten – Outsourcing, befristete Arbeitsverhältnisse und Projektarbeit stehen in vielen Unternehmen auf der Tagesordnung.

Für die Firmen dürften sich beide Dimensionen mangelnder Loyalität von ihrer Seite als Januskopf erweisen. Potentiell loyale Kunden sind heute auch informierte Kunden – wenn das System und die Botschaft eines Unternehmens nicht ehrlich sind, werden sie sehr schnell nach Alternativen suchen und ebenso schnell fündig werden. Potentiell loyale Arbeitnehmer wissen zumindest im oberen Segment des Arbeitsmarktes, was sie wert sind und welche Entscheidungsmöglichkeiten ihnen offenstehen. Die Einforderung von Loyalität ohne Gegenleistung dürfte sich für die Unternehmen als massives Verlustgeschäft erweisen.

 

Fazit:

  • Echte Loyalität basiert auf gemeinsamen Werten und begründet eine rationale ebenso wie eine emotionale Bindung.
  • Dies gilt für Geschäftspartner und Kunden ebenso wie für Mitarbeiter.
  • Erfolgreiche Unternehmen brauchen eine Loyalitätskultur, die durch Vertrauen und gegenseitiges Geben und Nehmen getragen wird.
  • Loyalität ist damit ein explizites Führungsthema.

Quellen:
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/finanzaufsicht-holland-laesst-banker-einen-eid-schwoeren/9441292.html
http://www.wiwo.de/erfolg/beruf/immer-mehr-freiberufler-raus-aus-dem-hamsterkaefig/9412120.html