Gruppendynamik – Wie Sie damit Teams und Gruppen präzise steuern
Die Koalititionsverhandlungen für die aktuelle Regierungsbildung dürften für die Teilnehmer extrem erschöpfend gewesen sein. Angesichts des Wahlergebnisses wird die SPD in den kommenden vier Jahren auch als Regierungspartei vor allem eine Juniorpartner-Rolle spielen, gleichzeitig geht es für sie bereits heute darum, sich als potentieller Wahlgewinner des Jahres 2017 zu positionieren. Entsprechend anspruchsvoll und kontrovers war die Agenda. Ein gemeinsamer Nenner war auf den ersten Blick bei Fragen wie Rente, doppelte Staatsbürgerschaft, Mindestlohn, Energiepolitik, PKW-Maut, Steuern oder auch Haushalts-Strategien nicht zu erkennen. Dass der Koalitionsvertrag jetzt steht und bis Mitte Dezember hoffentlich auch durch die SPD-Basis abgesegnet wird, ist am Ende sicher vor allem einem gesunden Pragmatismus der Parteien geschuldet, der hoffentlich auch über die gesamte Legislaturperiode trägt.
Hinter einem solchen Konsens stehen jedoch nicht nur sachliche Inhalte, sondern auch gruppendynamische Prozesse. In welchem Maße letztere in der Bundespolitik eine Rolle spielten und nicht zuletzt als wichtiges Tool verwendet wurden, um auch die Masse der Parteimitglieder und Wähler zu überzeugen, ließ sich in den vergangenen Wochen im TV verfolgen. Dabei ging es um die politische Deutungshoheit ebenso wie darum, Annäherungen in sogenannten Sachfragen zu erreichen. Das entsprechende Prozedere lässt sich auf verschiedene Kontroversen und natürlich auch den Business-Alltag übertragen.
Schlechte Meetings blockieren produktive Gruppendynamik
Falls ein Unternehmen nicht ausgesprochen autoritär geführt wird, dienen viele Meetings explizit der Konsensfindung sowie der verbindlichen Definition von nächsten Schritten. Ob Gruppendynamik respektive das bewusste Steuern gruppendynamischer Prozesse zu den Führungs-Tools der Manager gehört, wird in der Meeting-Kultur von Firmen deutlich sichtbar. Ein typisches Negativbeispiel präsentiert sich so, dass sich von der Thematik außer dem Einladenden kaum jemand angesprochen fühlt und dieser es auch nicht schafft, die anderen Meeting-Teilnehmer mit ins Boot zu holen. Das Ziel der Veranstaltung ist vielen Teilnehmern vielleicht überhaupt nicht klar. Zudem fehlen sowohl ein Zeitplan als auch eine durchdachte Dramaturgie des Meetings.
Weitere Fehler verschlimmern die Meeting-Unkultur oft noch. Einer dieser fundamentalen Fehler ist die fixe Idee, dass Meetings vor allem eine Feedback-Funktion erfüllen – und Feedbacks im Detail und absolut demokratisch gegeben werden müssen. Das Resultat: Jeder Teilnehmer beansprucht einen beliebig langen Teil an Redezeit, Querulanten und Provokateure finden ein öffentliches Forum. Unterbrechungen und Straffungen durch Einzelne gelten als negativ besetzt, obwohl alle Anwesenden unter der Ineffizienz des Meetings leiden. Die moderne „Business-Kultur“ trimmt uns gerne auf formale Wertschätzung sowie die dekretierte Abwesenheit jeder Form von Diskriminierung. Leider blockieren wir damit allzu oft eine inhaltliche Lösung sowie eine nachhaltige Konsensfindung innerhalb des Teams/des Unternehmens und geben stattdessen der unproduktiven Seite von Gruppendynamik Raum.
Leadership im gruppendynamischen Spannungsfeld von Demokratie und Autorität
Generell gilt: Wenn Sie als Führungskraft zu einem Meeting bitten, haben Sie gegebenenfalls auch die Pflicht, sich unbeliebt zu machen, eingefahrene Rituale aufzubrechen und abhängig von der konkreten Situation durchaus auch einmal eine autoritäre Rolle einzunehmen. Das grundsätzliche Ziel eines produktiven Konsenses entbindet Sie nicht von der Notwendigkeit, gegenüber Bremsern und/oder Provokateuren auch Ihre expliziten Leadership-Qualitäten auszuspielen. Eine demokratische Entscheidungsfindung in der Gruppe wird dadurch übrigens nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Um den Umgang mit unterschiedlichen Menschen, Zielgruppen und Konstellationen zu begreifen und in diese Gemengelage Führung zu übernehmen braucht es ein Grundverständnis für gruppendynamische Prozesse. Die Basics bestehen darin,
- dass Sie Ihre Zielgruppe, deren Rituale und Rollenerwartungen sowie die Anforderungen Ihren Teams an Ihre eigene Rollen-Performance kennen
- Sie mit klar definierten Zielen in ein Meeting, eine Verhandlung und alle anderen Business-Termine gehen
- durch eine souveräne Steuerung inklusive emotionaler Komponenten eine positive Gruppendynamik erzeugen, die das inhaltliche Ziel der Kontroverse im Blick behält
- dass Sie negative Rollenmuster – bei sich und anderen – bewusst erkennen und im Sinne einer produktiven Konsensfindung aufbrechen und verändern
- dass Sie gegebenenfalls einen positiven Gruppendruck erzeugen, der Querulanten gegenüber der Mehrheitsmeinung isoliert.
Kurz: Sie bewegen sich als Führungskraft zwangsläufig auch in einem gruppendynamisch definierten Spannungsfeld von Demokratie und Autorität, dass Sie für Ihre Führungsrolle und die Durchsetzung der Unternehmensziele nutzen können respektive müssen.
Führungstipps:
- Erzeugung eines gemeinsamen Problembewusstseins als Basis jeder Konsensfindung.
- Beteiligte zu emotional Betroffenen machen.
- Souveräne Gruppensteuerung durch Analyse, Kenntnis gruppendynamischer Prozesse sowie die eigene Persönlichkeit.
- Sachbezogenheit von Meetings und Events: Den richtigen Teilnehmerkreis, die optimale Gruppengröße, Ziele und Dramaturgie der Diskussion vorab so exakt wie möglich definieren.
- Mut zum expliziten Führen – mit der jeweils angemessenen Relation von Demokratie und Autorität.
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendynamik
http://de.wikipedia.org/wiki/Konsens
http://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/koalitionsverhandlungen-in-berlin-union-laesst-rente-mit-63-zu-12682289.html